Ein Mann in traditioneller saudischer Kleidung reitet auf seinem eleganten Apfelschimmel am Meer entlang.
Wie im Westen, so gibt es auch in der arabischen Welt große Unterschiede was Reiten und Pferdehaltung anbelangt. Dort ist der feingeputzte Reitstall in Dubai, wo die teuren Araberpferde aus scheinbar vergoldeten Fenstern aus ihren Boxen schauen, und hier der Kutscher in Nordafrika, der mit seinen mageren Pferden die Touristen durch die Gegend karrt um ein paar Krümel zur Ernährung seiner Familie zu verdienen. Sicher sind diese Beispiele nur Klischees, sicher wird man in fast jedem Land dieses und jenes finden. Ich möchte hier jedoch einige Unterschiede zum Thema Pferde in Deutschland und der arabischen Welt vorstellen.
Man neigt vielleicht dazu, besonders was die Pferdehaltung angeht, ein wenig mit Vorurteilen behaftet an die Sache ranzugehen...
In einem Luxusstall gibt es ein eigenes Schwimmbad für Pferde.
Ich erinnere mich an meinen ersten Urlaub in Tunesien, in dem ich in einem Reitstall geritten bin, der zum Hotel gehörte. Die Pferde waren recht dünn und ausschließlich Hengste, sie standen den ganzen Tag in einer engen dunklen Box und wurden mindestens zweimal am Tag zum Reiten rausgeholt, um Touristen auf ihren Rücken den Strand entlang zu tragen. Ich erinnere mich an den kleinen Hengst den ich ritt und der gleich beim ersten Galopp am Strand durchging und den Führer überholte...
Wenn man jedoch einen zweiten Blick auf die Sache wirft, sieht das ganze schon freundlicher aus: Vielleicht stehen die Pferde deshalb tagsüber in der dunklen Box, damit sie nicht bei 40 Grad in der Sonne gebraten werden?
Und nur weil man bei einem Pferd ein paar Rippen sieht, ist es nicht gleich abgemagert, da sollte man sich besser fragen, ob die fetten Pferde in Deutschland, wo kaum noch der Gurt um den Bauch passt, vielleicht eher krank sind und eine Behandlung nötig hätten. Natürlich sind einige Pferde wirklich ZU dünn, aber bei weitem nicht alle. Auch muss man bedenken, dass es den Tieren bei der Hitze nicht gut tut, zu dick zu sein, da sie sonst noch mehr schwitzen.
Die Pferde werden morgens und abends geritten, also dann wenn es etwas kühler draußen ist.
Auch in Deutschland stehen viele Pferde den Großteil des Tages in der Box und werden als Schulpferde genutzt. Und ob ein Pferd, was seiner Natur nach in Freiheit lebt auf großen Flächen mit viel Platz zum Laufen, lieber zum Reiten seine Runden stundenlang in der staubigen Reithalle dreht und danach in die Box gesteckt wird oder lieber draußen in der Wüste oder am Meer läuft und danach in die Box kommt, um keinen Hitzschlag zu bekommen, da kann man sich die Antwort sicher denken.
Ich bin kein Freund der Boxenhaltung für Pferde aber es geht sich darum die Situationen zu vergleichen, wo leider in beiden Fällen meist Boxenhaft angesagt ist.
Eine Frau macht Bekanntschaft mit einem hübschen Schimmel in seiner Box.
Das Klischee, dass Touristenpferde unsensibel auf die Hilfen des Reiters reagieren das kommt wie ich finde ganz darauf an. Erstens gibt es auch in Deutschland unsensible Schulpferde und auch Privatpferde, die nicht immer fein zu reiten sind, und zweitens kommt das vor allem auf die Ausbildung des Pferdes und seine Umgebung an. Ich bin in Tozeur ein ganz wunderbares Pferd geritten, davon möchte ich euch gerne erzählen..
Einmal waren mein Mann und ich in Tozeur, also im Süden Tunesiens, als wir kurz nach Maghreb (nach Sonnenuntergang) in den Dünen junge Männer mit ihren Pferden entdeckten, wie sie durch die Wüste ritten. Natürlich konnte ich es nicht lassen, zu fragen ob ich reiten durfte und ja, eigentlich hätten sie schon Feierabend, aber für ein paar Dinar (die Währung in Tunesien) würde es gehen. Begeistert stieg ich auf.
Wir nennen dieses Pferd das "Mercedes-Pferd" da es wirklich wie ein Auto zu steuern war. Hand vor, Pferd läuft schneller, Hand zurück, Pferd geht langsamer, Hand rechts, Pferd rechts und so weiter. Dazu muss ich sagen, dass mir gesagt wurde, das Pferd sei auf Westernreitweise ausgebildet worden, also daran gewöhnt am lockeren Zügel auf feine Hilfen zu reagieren. Jedoch war ich trotzdem begeistert, möge Gott das Pferd segnen, wie gehorsam und feinfühlig das kleine Araberpferd auf meine Anweisungen reagierte. Einmal um die Dünen geritten im Galopp und ein paar Runden im Sand und zurück zum Besitzer. Am liebsten wäre ich die ganze Nacht geritten. Wir waren erstaunt und mein Mann fragte den Besitzer, warum das Pferd so brav ist und die Pferde bei uns in Deutschland oft ungehorsam sind. Er antwortete sinngemäß "die Pferde bei euch (also in Deutschland) fressen zu viel und das macht sie ungehorsam. Bei ihm bekäme sein Pferd nach getaner Arbeit eine kleine Schüssel Hafer und das wars." (Ich nehme stark an, dass das Pferd zusätzlich noch Heu oder Stroh bekam, von Hafer alleine kann ein Pferd schließlich nicht leben;-)) Leider habe ich keine Fotos von diesem Pferd, es war zu dunkel.
Ein älterer Mann küsst liebevoll sein Pferd.
In Deutschland bekommt das Pferd mindestens zweimal am Tag Futter, ob es arbeitet oder nicht, und besonders viel arbeiten müssen die meisten Pferde hier nicht, besonders nicht die Privatpferde. Warum sollte das Pferd auch arbeiten wenn es gerade seinen Hafer gefressen hat und gar nicht genug gearbeitet wird, sodass es diese Energie auch wieder loswerden kann, von Auslauf ganz zu schweigen. Also wird es entweder faul oder es setzt seine Kraft dazu ein, dem Reiter ungehorsam zu sein.
Ich möchte niemanden an den Pranger stellen und überall auf der Welt gibt es Pferde, die gut behandelt werden und auch weniger gut, aber da die Kritik oft einseitig kommt nach dem Motto "die armen Pferde da drüben denen muss man helfen", wollte ich hier einmal den Spieß umdrehen.
Man sollte immer mit einem neutralen Auge die Lage beobachten und erst später bewerten, und das vor allem an dem Ausdruck und Verhalten der Pferde.
Ein Mann reitet auf seinem Vollblutaraber durch Doha (die Hauptstadt Katars)
Was ebenfalls an Unterschieden auffällt ist, dass in der arabischen Welt mehr Männer als Frauen zu reiten scheinen, vor allem im Amateursport, im Gegensatz zu Deutschland (siehe dazu meinen Artikel "Reiten im Islam"). Oft sieht man die Frauen beim Reiten aber auch einfach nicht, da in arabischen Ländern auf Geschlechtertrennung geachtet wird und es sogar spezielle Reitclubs nur für Frauen gibt.
In letzter Zeit sind immer mehr Frauen auf den Geschmack des Reitens gekommen, sie nehmen an Pferderennen teil, trainieren Pferde oder hängen ganz einfach am Stall ab.
Um euch einen guten Einblick in das Thema zu verschaffen, habe ich ein paar interessante Dokus auf youtube herausgesucht, da ich finde, mit Videos bekommt man einfach einen besseren Eindruck.
Anmerkung: Meinungen, religiöse Ansichten und kulturelle Praktiken in den Videos stimmen NICHT unbedingt mit meiner eigenen Meinung überein, sie sind rein informatives Material in denen es um die Pferde geht!
Jordanien, Dynastie der Pferde
https://youtu.be/GEeHPX2-AfY?list=LLBF3EmWJ0Fh_aMsguVnaYEw
Hoch zu Ross, die Pferde des Sultans
https://youtu.be/jQQryuguokM?list=LLBF3EmWJ0Fh_aMsguVnaYEw
Fantasia Reiterspiele in Marokko, Im Bann der Pferde
https://youtu.be/bwmtgScoDu0?list=LLBF3EmWJ0Fh_aMsguVnaYEw
Our Right to Ride
https://youtu.be/s_J6qb_iPck?list=LLBF3EmWJ0Fh_aMsguVnaYEw
Horse Stables in Dubai
https://youtu.be/3Tb-8q_sKY8
Auslauf, Wasser und ein Zelt als Unterstand für diese Pferde.
In arabischen Ländern gibt es nicht nur Araber, sondern auch andere Pferderassen wie man am Schimmel deutlich erkennen kann.
Ein schöner Reitplatz und dahinter ein Paddock für die Pferde.
Die Pferde erholen sich von ihrer Arbeit...
Und noch ein paar Fotos...
Eine hübsche Kutsche, um Touristen die Stadt zu zeigen.
Zugegeben, etwas mehr Heu würde diesen Kutschpferden sicher gut tun.
Tunesier warten am Strand auf Kundschaft
Ein hübscher Schimmel mit seiner Reiterin (?) am Meer.
Ein frei grasendes Pferd auf einer Wiese direkt neben der Hauptverkehrsstraße, dies scheint es jedoch nicht zu stören.
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