Dienstag, 12. Dezember 2017

Die goldene Mitte - Pferdehaltung

Assalamu aleikum und Hallo zusammen, 


Junge Muslima streichelt ihr hübsches Pferd.

`Abdullah Ibn `Umar, Allahs Wohlgefallen auf beiden, berichtete, dass der Gesandte Allahs, Allahs Segen und Heil auf ihm, sagte: „Eine Frau wurde wegen einer Katze bestraft, weil sie die Katze solange einsperrte, bis sie verhungerte. Sie ging dafür ins Höllenfeuer... (Ihr wurde vorgehalten:) "Du hast ihr weder Nahrung noch etwas zu trinken gegeben, als du sie einsperrtest, noch hast du sie laufen lassen, damit sie sich von den Tierchen der Erde hätte ernähren können." (Sahih al-Bukhari,2365)

In allen Bereichen ist es erstrebenswert, die goldene Mitte einzuhalten, und so auch beim Reiten bzw bei der Pferdehaltung. Sehr oft lässt sich leider Extremismus in beiden Richtungen beobachten, entweder werden die Pferde vermenschlicht oder es geht soweit, wie im Hadith oben beschrieben. Erst kürzlich las ich in der Zeitung von einem Fall, wo zwei Pferde monatelang in einem dunklen Stall standen, ohne frische Einstreu und ohne Pflege und ausreichend Futter - in Deutschland!

Als Muslim ist es eine Pflicht sowohl Menschen als auch Tiere gut zu behandeln, ich werde hier jedoch nicht weiter darauf eingehen, sondern einige Beispiele von Über- oder Untertreibung zum Thema Pferde geben. Alle Namen sind frei erfunden. Vorab möchte ich sagen, dass natürlich jedes Pferd anders ist und vielleicht ist die Übertreibung für das eine Pferd, eine Untertreibung für das andere, ich gehe hier jedoch vom normalen gesunden Pferd aus: 

Herr Müller: Seine Pferde stehen fast den ganzen Tag in einer sauberen Box mit automatischer Fütterungsmaschine, die Böden sind so sauber dass man darauf essen könnte, das Pferd bekommt bereits ab 15 Grad eine Winterdecke angezogen da es ja geschoren ist, und wird eine Stunde am Tag in der schicken Reithalle geritten und danach eine halbe Stunde unter das Solarium gestellt. Ausreiten und Koppelgang sind aufgrund der Verletzungsgefahr eine Seltenheit, und die Miete für die Box des Pferdes kostet mindestens 400 Euro, damit man sicher ist, dass es dem Pferdchen auch an nix fehlt. Barhuf oder ohne Sattel reiten? Ein absolutes No-Go!


Ein klassischer Stall mit vergitterten Boxen.
Eine makellose Reithalle mit Fenstern.

Frau Maier: Ihr Pferd ist in einem Aktiv-Stall untergestellt, hier reichen Offenstall und Weide nicht aus, nein es müssen "Bewegungsanreize" geschaffen werden, es wird ein komplizierter langer Spazierweg für Pferde mit unterschiedlichen Böden gebaut, und nur das beste Biofutter wird an Futtermaschinen ausgegeben und die Möhrchen geschält und kleingeschnippelt mit einem Hauch Olivenöl darüber für die Verdauung. Mindestens einmal im Monat kommen Osteopathin, Hufpfleger und Bodenarbeitstrainer und verlangen jeweils 50 bis 150 Euro. Das Pferd mit Kandare reiten oder ihm ein Stück Zucker füttern? Ein absolutes Tabu!


Ein Aktivstall mit unterschiedlichen Böden für die Pferde und Futterstationen.

Herr Gunter: Ein dunkler Stall und eine matschige Wiese müssen dem Pferd reichen, Heu gibt es nur wenn es billig ist, und der nicht passende Sattel der dem Pferd Rückenprobleme verursacht, wird trotzdem weiter verwendet, es ist ja nur ein Tier. An guten Tagen gibt es verschimmeltes Brot, an schlechten gar kein Futter. Wenn das Pferd krank oder unreitbar ist, wird es zum Schlachter gegeben und man kauft sich ein neues Pferd. Den Hufschmied sieht das Pferd einmal im Jahr, wenn die Hufe bereits gefault und gerissen sind.


Ein magerer Haflinger in seiner dreckigen dunklen Zelle.

Fazit:

All diese Beispiele sind leicht übertrieben dargestellt, jedoch wird man immer wieder solche Ställe finden oder zumindest einige Punkte wiedererkennen. Im Beispiel Herr Müller ist es offensichtlich, dass der Stall eher für die Menschen gebaut wurde als für die Pferde. Dem Pferd ist eine vergoldete Boxentür und eine schicke Reithalle nämlich völlig egal, es würde dies sofort gegen eine große Wiese mit einem einfachen Unterstand eintauschen wenn es könnte. 
Bei Frau Maier ist die Idee "Aktiv-Stall" ganz gut, jedoch müssen Futtermaschinen und wöchentliche Akkupunktur-Behandlungen nicht sein, und erst recht keine geschnittenen Möhren! Ein Pferd ist in der Lage eine Menschenhand abzubeißen, da wird es mit einer Möhre locker fertig.
Zu Herrn Gunter muss man nicht mehr viel sagen, ein einfacher Stall und Wiese genügt dem Pferd zwar, aber es möchte auch gesundes Futter bekommen und wenn es krank ist, gepflegt werden und nicht zum Schlachter abgeschoben werden! 


Was ist die Lösung?

Für normale gesunde Pferde halte ich eine naturnahe Haltung für die beste, das heißt ein Offenstall mit angrenzender großer Weide oder großem Paddockauslauf, gutes Heu und Stroh und ab und zu vielleicht etwas Hafer und Möhren, und den Sattel und die Trense die zum jeweiligen Pferd am besten passt, da muss man etwas experimentieren bis man die beste Lösung gefunden hat. Tägliches Misten und frisches Wasser ist eine Selbstverständlichkeit. Der Arzt muss jedoch nicht beim ersten Husten gerufen werden, sondern erst wenn man selbst nicht mehr weiter weiß und das Pferd wirklich krank ist. Viele Krankheiten heilen von ganz alleine in wenigen Tagen oder Wochen ab, wenn man dem Pferd eine Pause gönnt. Die meisten Pferde können auch sehr gut barhuf, das heißt ohne Hufeisen laufen, das ist gesünder natürlicher und sicherer. Im Zweifelsfall kennt man sein Pferd gut und kann leicht beobachten, wie und wo es ihm am besten geht und dementsprechend handeln. 
Ein paar schöne Beispiele hierzu auf folgenden Fotos:

Große helle Paddockboxen für die Pferde mit täglichem Auslauf auf der Weide.


Eine wunderschöne große Koppel mit schattenspendenden Bäumen.



Ein Sand- und Matschpaddock mit Möglichkeit zum Baden.


Ein einfacher Unterstand auf der Weide genügt als Schutz vor Wind und Sonne.


Leider hat man nicht immer die Möglichkeit, einen passenden Stall zu finden oder einen eigenen zu bauen, und den perfekten Stall wird es nicht geben, jedoch kann man sein Bestes geben, möglichst nahe an dieses Ideal heranzukommen und den besten Platz für sich und sein Pferd suchen.




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