Montag, 15. Oktober 2018

Ausreiten in Tunesien im Wald - Forest Club Rades

Assalamu aleikum, 



Dieser Waldweg lädt zum Galoppieren ein.


endlich finde ich Zeit euch von meinem Ausritt in Tunesien zu berichten. Sicher kennt ihr die typischen Strandausritte in den sogenannten "Touristen Hochburgen", bei denen man romantisch auf dem Pferd am Meer entlangreitet. 
Ich wollte aber mal was anderes ausprobieren. Schließlich gibt es in Tunesien auch Wälder und grüne Wiesen.

Die Reitpferde werden vom Paddock geholt und gesattelt wenn jemand reiten möchte. Am Zaun angebunden warten sie dann geduldig.


Für meinen Ritt im Wald habe ich mir den Reitclub im "Club Foret Rades" ausgesucht, über den ich bereits in anderen Artikeln berichtet habe. Er ist einfach sehr bekannt in der Hauptstadt. Leider waren einige Pferde dieses Mal etwas zu dünn, zumindest hat man ihnen drei Schabracken aufgelegt und dann erst den Sattel, damit es besser gepolstert ist. Während viele Pferde in Europa zu dick sind, sind hier einige zu dünn. Der Mensch tut sich halt immer schwer die gesunde Mitte einzuhalten. Trotz alledem machten die Pferde einen guten aufgeweckten Gesamteindruck und hatten saubere Boxen und Gerste und Stroh zu fressen. 

Da ich in die Fortgeschrittenen-Gruppe wollte, sollte ich von zwei Männern begleitet werden auf meinem Ritt, denn alleine darf man nicht raus mit dem Pferd. Da ich aber nicht mit fremden Männern alleine im Wald sein wollte, habe ich meinen Mann mitgeschleppt, der sich mutig auch auf ein Pferd getraut hat sodass wir zusammen rauskonnten. Ich hoffte, die paar Reitstunden die ich ihm gegeben hatte würden sich nun auszahlen. Leider hat er wieder einmal das wildere Pferd erwischt, ich hatte ein braves, trotz dessen dass wir gebeten hatten es umgekehrt zu verteilen. Ich bekam eine nette dunkelbraune kleine Berberstute, mein Mann einen Arabermix. Wir stiegen auf. Reithelm, Gerte und Sicherheitsweste? - Fehlanzeige. Besser so.

Meine kleine Berberstute und ich.



Im Schritt sind wir vom Hof weggeritten und durch den Wald zwischen Bäumen hindurch über Hügel und breite Sandwege geritten. Bestimmt zwei Drittel des Rittes, also etwa 40 Minuten, sind wir getrabt und galoppiert. Mein Pferd war sehr trittsicher aber leider nicht sehr schnell. Wir sind im Schaukelstuhlgalopp den Berg hoch und als ich es weiter antreiben wollte, hatte es keine Lust mehr: "Maximalgeschwindigkeit erreicht und keinen Schritt schneller bitte", schien es zu sagen. 
Dagegen zischte das Pferd von meinem Mann wie ein Pfeil an uns allen und dem Führer vorbei und raste durch den Wald, während mein Mann sich im Jockeysitz verzweifelt auf ihm festhielt. Aus Angst das Pferd könnte mit ihm durchgehen galoppierte ich hinterher und versucht es am Zügel zu packen aber es war zu schnell. Am Ende hat es dann doch angehalten. "Ich wollte das Pferd extra laufen lassen", meinte mein Mann. Der Führer hat nur gelacht und ihm gesagt er solle die Zügel kürzer halten und fester ziehen um das Pferd anzuhalten. Wir trabten weiter. Der Führer bekam einen Anruf und trabte mit den Zügeln in einer Hand weiter während er mit der anderen Hand das Handy ans Ohr hielt und mit seinem Kumpel quatschte. Er ritt auf einem großen Apfelschimmel ohne Sattel. 
Im Wald begegneten wir ab und zu Familien mit Kindern, an abgelegeneren Orten auch mal einer Männergruppe am Grillen. Es ist nicht empfehlenswert alleine durch den Wald zu spazieren, das wäre zu gefährlich, da sich leider doch einige Leute dort betrinken oder sonst was machen. An ausgewiesenen Plätzen und Wegen sowie in einer Gruppe ist es aber kein Problem. 

Der Wald hat sowohl Wege für Spaziergänger als auch für Reiter.


Plötzlich wusste der Führer den Weg nicht mehr so genau oder jedenfalls schien es so, da er mitten durchs Gebüsch ritt. Mein Mann und ich folgten ihm, ganz zuletzt ritt der zweite Begleitmann hinterher. Er ritt die ganze Zeit schweigend hinter uns - "wohl für den Fall dass einer runterfallen sollte damit er uns dann aufsammeln kann", dachte ich mir. Ich legte die Beine vorne über den Sattel und meinen Rock eng ans Pferd, damit die Dornenäste und Zweige mein Kleid nicht zerrissen. Die Sonne ging unter und tauchte den Wald in ein rotes Licht, im Hintergrund ertönte der Ruf für das Abendgebet.
Der Führer galoppierte wieder an, einen Sandweg hoch und sprang dann über eine kleine Schranke, welche den Weg versperrte. Ohne sich umzudrehen oder zu fragen ob wir springen konnten, jagte er weiter durch den Wald. Nach dem Motto: "Das Mädel hat gesagt sie will schnell reiten jetzt soll sie zeigen was sie kann". Ich liebe diese lockere arabische Mentalität. Ich vertraute einfach darauf dass mein Pferd springen kann und sprang ohne Probleme mit meiner kleinen Stute über die Schranke. Mein Mann absolvierte seinen ersten Sprung im Leben auch mit Bravour. Unsere Pferde waren leicht zu reiten und trittsicher und hatten keine Unarten wie etwa Kleben am Stall, dem Führer oder Steigen und Beißen.

Es gibt breite, helle Kieswege im Wald aber auch Sandpisten und Hügel.



Dank des schwülen Wetters und des flotten Tempos war der Ritt recht anstrengend, aber super schön. Auf dem Rückweg sahen wir eine andere Gruppe mit etwa einem Dutzend Reitern gerade vom Ausritt zurückkehren. Es war eine Anfängergruppe, diese gehen nur im Schritt eine halbe Stunde gemütlich durch den Wald, hier darf jeder mitreiten. Ein sehr schönes Angebot. Ich habe viele Schwestern mit Kopftuch reiten sehen mashallah. 

Nach dem Ritt wollte uns jemand die Pferde abnehmen und sie absatteln und versorgen, aber wir wollten das selber tun und so sattelte ich mein Pferd ab und streichelte es nochmal, bevor wir wieder nach Hause fuhren. 

Die Pferde fressen auf ihrem Paddock.


Es gibt auch Reitstunden an der Longe in dem Reitclub, und eine Monatskarte, und Ausritte immer nachmittags, und man kann auch sein eigenes Pferd dort unterstellen. Dies ist aber verhältnismäßig teuer. Nicht unbezahlbar, aber im Vergleich teurer als in Deutschland. Der Reitstall hat eben kaum Konkurrenz, da darf man sich schonmal flotte Preise erlauben. Auf dem eigenen Grundstück sein Pferd zu halten wäre sicher deutlich günstiger. 


Der Ausritt war sehr schön und ich werde es in shaa Allah bei Gelegenheit noch einmal machen. Auf jeden Fall zu empfehlen.

2 Kommentare:

  1. Wa alaikum salam wa rahmatullah,
    allahummabarik, das klingt doch sehr schön! Das mit dem ordentlichen Füttern ist in den arabischen Ländern auch nicht ganz einfach. Es wächst ja nicht das ganze Jahr über saftige Wiese und Heu und Stroh sind teuer im Einkauf, deswegen sicher auch die teuren Einstellerpreise. Als Reiterhof bräuchte man im Prinzip riesige Flächen, die über einen Brunnen microbewässert werden könnten, das wäre für einige vielleicht eine Lösung. Es ist aber schön zu sehen dass die Pferde Auslauf haben, das ist ja auch bei weitem nicht immer der Fall masha Allah.

    Sarah ; )

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    1. Assalamu aleikum Sarah,

      Ja da hast du Recht, mit dem Füttern ist es aufgrund der Wasserknappheit und auch infolge des Geldmangels nicht immer einfach. Heu bekommen die Pferde dann auch meistens gar nicht, das ist knapp und sehr teuer. Aber man kann Heu auch mit Stroh und Getreide in entsprechenden Verhältnissen ersetzen. Es ist auch nicht überall gleich es gibt in Tunesien auch sowohl dünne als auch gut genährte Pferde:-) Meist sind die Privatpferde besser ernährt als Schulpferde das ist ja in Deutschland nicht anders. Ist sicher auch eine Frage des Geldes teilweise. Aber alhamdulillah solange die Pferde gesund sind und Auslauf haben... Sie sahen auf jeden Fall gut und aufgeweckt aus, nur halt ein bisschen mager ;-)

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